BIRD UX - Beyond Interfaces, Real delight

Get in touch

hallo@birdux.studio

Phone Berlin 0171.12 45 07 3
Phone Mannheim 0177.71 38 208

Deceptive Patterns – wenn online Services unsere Entscheidungsfreiheit manipulieren

21. Juli 2025 | Experience Design

Lesezeit: 3 Minuten
Eine digitale Benutzeroberfläche mit zwei großen abgerundeten Schaltflächen: einer mintgrünen „NO“-Taste und einer roten „OK“-Taste. Ein Hand-Cursor ist dabei, die „OK“-Taste anzuklicken.

Als UX Designer*innen liegt uns ethisches Design besonders am Herzen. Daher möchten wir heute ein Thema aufgreifen, das durch den Digital Services Act (DSA), der im November 2022 in Kraft getreten ist, in der EU nun reguliert wird: Deceptive Patterns, auch bekannt als Dark Patterns. Die Vorschriften zu Dark Patterns gelten für die meisten Online-Plattformen seit dem 17. Februar 2024 verbindlich.

Was sind Deceptive Patterns / Dark Patterns?

Der DSA definiert in den Erwägungsgründen zum Gesetzestext den Begriff “Dark Patterns” als Praktiken auf auf Online-Schnittstellen von Online-Plattformen “mit der darauf abgezielt oder tatsächlich erreicht wird, dass die Fähigkeit der Nutzer, eine autonome und informierte Auswahl oder Entscheidung zu treffen, maßgeblich verzerrt oder beeinträchtigt wird.”
Einfacher ausgedrückt: Es sind manipulative Design-Tricks, die uns zu Entscheidungen verleiten sollen, die für uns nachteilig, aber für die Sevicebetrieber oder Plattformbetreiber vorteilhaft sind.

Was verbietet der DSA konkret?

Artikel 25 DSA verbietet Anbietern von Online-Plattformen, ihre Schnittstellen so zu gestalten, dass Nutzer getäuscht oder manipuliert werden. Aber hier wird’s kompliziert – denn wo genau die Grenze liegt, bleibt oft Auslegungssache. Die Begriffe im DSA wie „unverhältnismäßig stark hervorgehoben“, „unverhältnismäßig kompliziert“ oder „irreführende Standardeinstellung“ sind bewusst offen formuliert und müssen im Einzelfall ausgelegt werden:

  • Wann ist eine Hervorhebung “unverhältnismäßig stark”?
  • Ab wann ist ein Kündigungsprozess “unverhältnismäßig kompliziert”?
  • Wann wird aus einer normalen Standardeinstellung eine “irreführende”?

Der DSA gibt uns zwar Beispiele wie wiederholte Aufforderungen zur selben Auswahl oder absichtlich erschwerte Abmeldeprozesse, aber die Entscheidung, wann das Maß voll ist, ist im Einzelfall zu treffen – also doch wieder recht schwammig, oder?

Wer entscheidet, wann die Grenze überschritten ist?

Diese oben dargestellte offene Formulierung schafft Flexibilität gegenüber neuen Manipulationstechniken, führt aber zwangsläufig zu Interpretationsspielraum.
Im Streitfall entscheiden dann letztlich:

  • Gerichte und Aufsichtsbehörden
  • Die EU-Kommission kann zusätzlich Leitlinien veröffentlichen
  • Auch Verbraucherorganisationen können Verstöße prüfen und ggf. klagen

Dabei wird meist ein objektiver Maßstab angelegt: Entscheidend ist, ob eine durchschnittliche (das müsste man auch mal definieren?) Nutzer*in in ihrer Entscheidungsfreiheit maßgeblich beeinträchtigt wird. Typische Bewertungskriterien sind dabei wohl

  • Aufwand
  • Verständlichkeit
  • Anzahl der Klicks
  • Gestaltungselemente
  • Der Vergleich zu anderen Auswahlmöglichkeiten
  • Die Wirkung auf das Nutzerverhalten

Im Zweifel zählt also die Bewertung durch Behörden oder Gerichte, oft unter Einbeziehung von Gutachten, Nutzerstudien und Vergleichen mit branchenüblichen Standards. Das schafft zwar Flexibilität, sorgt aber auch für jede Menge Unsicherheit und „Grauzonen” in der Praxis.

Was bedeutet das für uns Designer*innen?

Wir meinen: Diese Schwammigkeit ist sowohl Herausforderung als auch Chance. Sie gibt uns zwar auf der einen Seite durch diese “Schwammigkeit” Spielraum – zwingt Entscheider*innen aber trotzdem – was positiv ist – zu mehr Verantwortungsbewusstsein: Es zwingt quasi dazu, jede Designentscheidung aktiv zu hinterfragen:

  • Unterstützen wir die Nutzer*innen dabei, freie, informierte Entscheidungen zu treffen?
  • Oder manipulieren wir sie in eine Richtung, die primär dem Geschäftsmodell dient?

Fazit

Der DSA mag in seiner Definition von Deceptive Design Patterns Interpretationsspielraum lassen, doch genau dieser Spielraum fordert nicht nur uns als Designer*innen, sondern auch die Business Stakeholder – von Produktmanager*innen und Marketingverantwortlichen bis hin zu Geschäftsführer*innen – heraus, ethische Verantwortung nicht als bloße Compliance-Übung zu betrachten, sondern als fundamentalen Teil der Unternehmenskultur.
Denn letztlich geht es nicht nur um die Vermeidung rechtlicher Konsequenzen, sondern um den Aufbau nachhaltigen Vertrauens in einer digitalen Welt, in der Transparenz und Nutzerautonomie die unverzichtbaren Grundpfeiler jeder zukunftsfähigen digitalen Strategie sind.

Quellen:

UX – aber nachhaltig!

UX – aber nachhaltig!

UX 💚 Earth Day: Wie können wir Menschen zu nachhaltigem Verhalten motivieren? Heute ist Earth Day! Ein guter Anlass, dass wir uns auch heute nochmal aktiv fragen können wie wir Technologien so gestalten können, dass sie einen positiven Einfluss auf unsere Umwelt...

Cookie Consent mit Real Cookie Banner