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Der Halo-Effekt in der UX-Psychologie – Einfluss auf Vertrauen und digitale Produkte

28. Oktober 2022 | Experience Design

Lesezeit: 4 Minuten
Ausschnitt einer Wandmalerei mit vielen eingeritzten und geschriebenen Namen und Zeichen, zu sehen ist eine gekrönte Person mit langen roten Haaren und Heilgenschein auf dunklem Hintergrund.

Der Halo-Effekt ist eine gut belegte kognitive Verzerrung. Er beschreibt das sozialpsychologische Phänomen, dass ein erster Eindruck oder das Wissen über ein bestimmtes Merkmal einer Person den Gesamteindruck dominiert. Andere Eigenschaften werden somit vernachlässigt oder schlicht ignoriert. Gleichzeitig führt das Wissen über dieses bestimmte Attribut zu Rückschlüssen auf andere Attribute oder Eigenschaften. Ein bestimmtes Merkmal „überstrahlt“ praktisch die anderen Merkmale – daher auch der Name „Halo“.

Beispiele für den Halo-Effekt im Alltag

Schnelle Urteile und voreingenommene Entscheidungen

Der Halo-Effekt kann bewirken, dass eine attraktive Person beispielsweise automatisch als intelligent und vertrauenswürdig wahrgenommen wird, obwohl es keinen logischen Grund für die Annahme gibt. Der Halo-Effekt der Attraktivität überstrahlt die anderen Eigenschaften der Person und veranlasst uns zu Schlussfolgerungen und schreibt der Person automatisch weitere Eigenschaften zu, von denen wir nicht wissen, ob sie wahr sind. Er fördert somit schnelle und oftmals voreingenommene Schlussfolgerungen und Entscheidungen. Wenn man z.B etwas an einer bestimmten Sache oder Person mag, tendieren wir dazu, zu allem, was damit zusammenhängt eine eher positive Einstellung zu entwicklen.

Der Halo-Effekt in digitalen Produkten

Der Halo-Effekt ist auch für digitale Produkte wichtig: Man denke nur an digitale Assistenten, Bots oder intelligentes Spielzeug. Aber der Effekt ist auch für die gute alte Website oder Apps relevant.

Darüber hinaus ist der Halo-Effekt keineswegs nur an positive Merkmale gebunden, sondern kann auch im Zusammenhang mit negativen Merkmalen auftreten. Wenn wir z.B. einen Aspekt an etwas nicht mögen, haben wir eine Tendenz, eine eher negative Einstellung zu allem, was damit zu tun hat zu entwicklen.

Praxisbeispiel: Automatische Übersetzungen als Vertrauensfalle

Ein schlichtes Beispiel, welches sich in der digitalen Welt häufig beobachten lässt, sind schlechte automatische Übersetzungen in Produktbeschreibungen oder Produktrezensionen.

Bildschirmausschnitte aus diversen Online-Shops mit automatisch übersetzten Produktbeschreibungen und Nutzerbewertungen; links sind Produktdetails und Verfügbarkeit angegeben, rechts eine Nutzerumfrage und eine positive Kundenbewertung mit fünf Sternen. Alle Texte sind für deutsch sprachige Leser*innen eindeutig als automatisch übersetzt identifizierbar und demonstriert so einen negativen Halo-Effekt.
Einige Beispiele von automatisierten Übersetzungen

Automatische Übersetzungen wirken oft sehr distanziert und grammatikalisch etwas „off“ und ja – die Leser*innen bemerken dies. In der Folge attribuieren wir unbewusst ein gewisses Desinteresse an den Kunden auf Firmenseite, das gibt Minuspunkte in der credibility. Wir machen dann diese besagten automatischen Logiksprünge und ziehen Rückschlüsse auf die Qualität der Marke hinter dieser Website oder hinter dem Service. So kann eine offensichtlich automatisierte Übersetzung z.B. mit „Lieblosigkeit“ o.ä. assoziiert werden. Es werden dann Schlüsse gezogen wie:

Diese Firma kümmert sich nicht um ihre Texte“ und

die kümmern sich vielleicht auch nicht um ihre Nutzer“ und damit:

Sie kümmern sich nicht um mich„.

All diese automatisch ablaufenden Zuschreibungen können sogar zu Zweifeln führen, ob man dieser Firma trauen kann, man könnte sich eventuell fragen: Wenn sie nicht in der Lage Ihre Produktwebseiten sind, eine richtig zu übersetzen, woran mangelt es dann noch bzw. worum kümmern sie sich nicht richtig? Kann ich ihnen meine Kreditkartendaten anvertrauen oder wird dies auch so lieblos oder „schnuddelig“ gehandhabt wie die Texte?

Somit kann eine Nutzer*innen- oder Kund*innenerfahrung auf deren subjektive Interpretation bezüglich weiterer Elemente und auch deren Einstellungen über das Unternehmen als Ganzes Einfluß nehmen.

Konsequenzen für UX-Design und Markenvertrauen

Dies kann besonders kritisch sein, wenn es sehr auf Vertrauenswürdigkeit ankommt. Wenn z. B. Banken, Fluggesellschaften oder medizinische Produkte solche „Fehler“ machen – alles Services denen wir unsere sensibelsten Daten oder gar unser Leben anvertrauen – kann dies die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in eine solche Marke schwer und nachhaltig beschädigen. Aber auch im e-commerce können durch solche Dinge Vertrauen und somit Kund*innen verloren gehen. Hier ist also Genauigkeit und Detailliebe gefragt, da dies in die Vertrauenswürdigkeit einspielt.

Abschließend lässt sich sagen, dass es sehr wichtig ist, den Halo-Effekt bei der Produktentwicklung mit zu berücksichtigen, um einen schlechten Eindruck zu vermeiden und damit das Risiko zu verringern, das Vertrauen der Nutzer*innen oder Kund*innen zu verlieren.

*Dies ist ein Keepon/BeatBot – ein Spielzeug für autistische Kinder – und er führt definitiv nichts Böses Im Schilde 🙂

Quellen

Foto: Torsten Dederichs on Unsplash

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